Chorale Saint-Michel Luxembourg

Archives / Presse

Menu:

J.Haydn: Stabat Mater TB

Gravatar example

TAGEBLATT VOM 11. NOVEMBER 1998

Konzert der Chorale Saint-Michel

Gerry Welters herausragendes Haydn-Verständnis

Es bleibt verwunderlich, warum ein so tiefgehendes, ergreifendes Werk wie das 1767 von Joseph Haydn komponierte ,,Stabat Mater" heute so wenig. bekannt ist und aufgeführt wird, galt es doch zu Lebzeiten seines Autors als eines seiner beliebtesten. Jedenfalls ist es eines seiner schönsten.

Die etwa siebzigminütige Komposition hat ihre eigene Persönlichkeit: Sie kündigt bereits die epische Breite der ,,Cäcilienmesse" an, die zwei Jahre später geschrieben wurde, aber auch die grossen Oratorien „Die Schöpfung" und die „Jahreszeiten", und im Gegensatz zu den zeitgenössischen italienischen Vertonungen des Stoffes, von denen die von Pergolesi die repräsentativste ist, vermeidet sie bei aller Expressivität das Opernhafte.

Vielmehr herrschen, ausser in den beiden Bass-Arien, Lyrik und kontemplative Elegie vor. Man muss daher schon dem unermüdlichen Gerry Welter, seit 38 Jahren an der Spitze der Chorale St-Michel, dankbar sein, dass er uns dieses Werk im Rahmen des „Allerséilen-Concert" vorgestellt hat, um so mehr als seine Gestaltung einer Ehrenrettung dieser Musik gleichkam.

----------------- Souveräne Interpretation -------------------

Sie war überzeugend, weil der Dirigent und seine Sänger überzeugt waren. Das Orchester,,Les Musiciens" leistete Hervorragendes. Es gab ein selten warmes Zusammenspiel der Musiker mit sehr schönen Einzelleistungen in den knapp besetzten Bläsern. Gerry Welter, der erfahrene Orchestermusiker, verstand es bestens, Präzision und Ausdrucksintensität miteinander zu verbinden. Vor allem das Aufeinander-Hören war mustergültig. Hier wurde deutlich, wie intensiv die Probenarbeit gewesen sein muss und wie anregend der Dirigent auf die Arbeit der Musiker und Sänger gewirkt hat.

Was die Chorsänger angeht, so bewältigte der „Mëchels Chouer", wieder einmal, seinen Part ganz einfach souverän, und die einzelnen Stimmen waren bestens gegeneinander abgewogen. Mustergültig, wieder einmal, die Klarheit der Artikulation, die Deutlichkeit der Diktion, aber vor allem das innere Engagement, mit dem hier gesungen wurde. Eine reife, runde, schöne Leistung, die im Mit- und Ineinander von Chor und Orchester ihre ergreifende Intensität fand.

Leider wurde diese nicht in gleichem Masse von den Solisten, Carmen Welter-Jander, Isabelle Weis-Heischbourg, Marc Dostert und Jeff Speres, verwirklicht. Von ihnen wurde eigentlich nur der Bassist den interpretatorischen Ansprüchen gerecht. Gewiss, er hat es am leichtesten, denn seine Arien sind die einzigen dramatischen Momente in diesem sehr kontemplativen Ganzen, doch er hatte bei sonorer Stimmfülle auch die nötige Ausdrucks- und Ãœberzeugungskraft.

Ihm kam die Altistin noch am nächsten, deren Stimme aber ausreifen muss.

Hingegen hatte die Sopranistin spür- und hörbare Mühe mit den hohen Lagen und den virtuose Koloraturstellen, während es dem Tenor, bei angenehmer Stimme, gerade an jener Expressivität fehlte, die das Werk charakteristisch für den Zeitgeist der Empfindsamkeit macht.

----------------- Ãœberzeugendes Werkverständnis ------------------

In jeder Hinsicht überzeugend aber war das tiefe Werkverständnis des Dirigenten. Gerry Welter weiss, wie man Haydn aufführen muss.

Das hatte er schon 1995 mit seiner unvergessenen Aufführung der ,Schöpfung" bewiesen, das zeigte er diesmal an einer kleineren, aber dafür ebenso an- spruchsvollen Komposition: Er weiss, wie diese Musik atmet singt, fliegt.

Er kann Melodien aufbauen und führen, Ausdrucksintensität gestalten, Emotionen erzeugen.

Es ist daher, glaube ich, gerade auch seine musikalische Arbeit die inzwischen soviel Aufmerksamkeit gefunden hat, dass die Allerseelenkonzerte seines Chores zu einer Institution geworden sind, die jährlich ein immer zahlreicheres und dankbareres Publikum gewinnt.

Er sollte daher sein Konzert auf ein Hauptwerk konzentrieren und reduzieren. Eine Stunde Musik, wenn sie so gut dargeboten wird, genügt vollauf Schliesslich kamen die Zuhörer deswegen und nicht wegen Mozart und Schubert, die zum ,Auffüllen" hinzugefügt worden waren und tatsächlich wie Füllsel erschienen.

GuyWagner





  

Back to top

Infos:

Prochaine prestation: AllerséileconcertMesse de Minuit le 24.12.2016


(10/2010)

This site is
sponsored by
Gravatar example