Campra: Requiem / W.A.Mozart: Missa Solemnis in C, KV 337
d'Wort du 06 novembre 2006 (par André LINK)
Allerseelenkonzert in der Michelskirche
Überraschung und Bestätigung
"Chorale Saint-Michel" und "Les Musiciens" führten Werke von Campra und Mozart auf
Dass ein Requiem so springlebendig sein kann ... Polyphon verästelter Aufschwung nach eher statischem Beginn: Es wäre auch verwunderlich gewesen, wenn André Campra, dessen Requiem dem Luxembuger Publikum wahrscheinlich zum ersten Mal vorgestellt wurde, als Opernkomponist und noch dazu Provenzale (Sohn eines italienischen Vaters) kein Temperament gehabt hätte...
Die für den Erzbischof von Paris, François de Harlay, 1694 geschriebene Totenmesse steckt in der Tat voller Ãœberraschungen: Teile wie das „Quam olim Abrahae" oder das „Sanctus" haben lyrischen Charakter, allerdings Âbricht sich immer wieder das südländische Temperament mit tänzelnden Rhythmen und unwiderstehlichem Fugenschwung Bahn. Man versteht, warum der Chorleiter Gerry Welter dieses ungewöhnliche Werk für das Allerseelenkonzert seiner Sängerschar ausgesucht hat: Als Handlungsträger treibt der Chor das Geschehen in unaufhaltsamen, oft impulsiven Schüben weiter. Das Resultat war ein packender, farbiger und duchaus kohärenter musikalischer Ablauf.
Ausgezeichnete Qualitäten des ausführenden Ensembles
Ruhepunkt sind die Solisten, eine Rolle, der in erster Linie der unerschütterlich sonor verströmende (wenn auch nicht sonderlich flexible) Bass von Jean‑Paul Majerus gerecht wurde. Auch der operettenhaft wirkende Tenor Marc Dostert wirkte nicht deplatziert in diesem extrovertierten Werk. Er hatte ein paar schöne Soli, denen es nicht an Bravour, allenfalls an Innigkeit fehlte.
Die permanent hohen Soprani (Gaby Wolter‑Boever und Baiba Rosenbaha) kamen dem Ideal der Knabenstimmen, die doch wohl im Original zum Einsatz kamen, sehr nahe.
Manou Walesch führte den Alt aus, in gesammelter, dunkel gesättigter Intensität, die allerdings nicht immer bis zu den Finalen ausgehalten wurde. Ohne Zweifel eine unserer besten Altstimmen aber so viele haben wir ja gar nicht: Wenn unsere Sänger wirklich gut sind, gehen sie ins Ausland, was man ihnen aber nicht verübeln kann.
Einen guten Tag hatte das Kammerochester „Les Musiciens". Im Besonderen gefiel die gepflegte Untermalung der Arien durch die Blockflöten (und auch
Julia Knowles' Orgelpositiv leuchtete recht angenehm auf.
Die Interpretation von Mozarts ,,Missa solemnis" (KV 337),brachte keine Überraschung mehr, sondern höchstens die Bestätigung der ausgezeichneten Qualitäten des ausführenden Ensembles. Es ist ja erstaunlich, wie konzentriert der Komponist (wahrscheinlich von seinem erzischöflichen Auftraggeber angehalten) das liturgische Geschehen alla breve rafft. Besonders charakteristisch ist dafür das Credo, das von Chor und Orchester in einer einzigen straffen Bewegung durchstürmt wurde. Alleinige Atempause war das „Crucifixus est", wo das Altsolo von der eine Spur zu forschen Oboe übertönt wurde (auch dem Fagott fehlte es nicht an Selbstbewusstsein). Die Sopraneinsätze hätte man sich etwas breiträumiger gewünscht, aber das Tempo liess dies wohl nicht zu.
Die Veranstalter bzw. den Dirigenten sollte man jedenfalls zu der Programmwahl und speziell für die mitreissende Campra‑Interpretation beglückwünschen.